Übersprungshandlungen durch innere Konflikte

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Manchmal reagiert unser Gegenüber mit einem Verhalten, welches nicht nur unerwartet ist, sondern uns zudem in dieser bestimmten Situation auch noch unangemessen und wenig hilfreich erscheint. Hierzu zählen etwa das Kopfkratzen oder das Drehen von Haarsträhnen. Auch das Glattstreichen der Tischdecke oder das Sortieren des Arbeitsplatzes fallen darunter. Diese so genannten Übersprungshandlungen können durch (innere) Konflikte ausgelöst werden. Möglichkeiten hierfür sind bsw. Unsicherheit (Was ist die richtige Entscheidung?) oder Nervosität (Was passiert, wenn ich das jetzt sage?). So dienen die Übersprungshandlungen zuerst einmal dazu, sich Zeit zu verschaffen sowie der Beruhigung und dem Spannungsabbau.

Die These der Übersprungshandlungen stammt aus der klassischen Verhaltensforschung und wurde durch zahlreiche Tierexperimente belegt. So putzen sich Honigbienen beispielsweise am Futterplatz, wenn sie im inneren Konflikt zwischen dem hier Bleiben und dem Suchen eines neuen Futterplatzes sind. Und annähernd gleich starke Hähne, welche die Wahl Kampf oder Flucht haben, beginnen auf dem Boden herum zu picken.

Auch in der Pädagogik können solche Übersprungshandlungen durch innere Konflikte auftreten und äußere Konflikte auslösen. Wird ein Kind z.B. der Umstände wegen vor die Wahl gestellt, sich zwischen zwei gleich interessanten Spielpartnern zu entscheiden, führt dieser innere Konflikt zu Handlungen im außen. Wenn diese Handlungen von den beteiligten Personen nicht nachvollzogen werden können, kann es zu Unstimmigkeiten oder Streitigkeiten kommen.

Drängen zur Entscheidungsfindung hilft derweil nicht, denn wie beschrieben, dient dieses Verhalten dazu, Zeit zu schinden und zur Beruhigung. Ebenso verhält es sich, wenn ein Schüler aufgerufen wird, um an der Tafel eine Frage zu beantworten. Vielleicht kennt er die Antwort, ist jedoch zwischen dem Nennen dieser und seiner Angst vor die Gruppe zu treten hin und her gerissen und trödelt deshalb beim Aufstehen.

Was kannst du also tun, um den Konflikt zu lösen?

Für Pädagogen ist es wichtig, solche Verhaltensweisen nicht als persönliche Missachtung oder als Respektlosigkeit fehlzudeuten. So kann das nervöse Lachen von Teenagern oder Kollegen schnell missverstanden werden. Hier gilt es, Ruhe zu bewahren. Diese Übersprungshandlungen sind kein Affront an dich, sondern schlichtweg ein Zeichen des inneren Kampfes deines Gegenübers und sollten als solche erkannt werden. Hierfür ist ein wenig sensory acurity notwendig.

Wenn dein Gegenüber demnächst unlogisch reagiert, reflektiere die Situation und begleite ihn aus dem Konflikt heraus. So kannst du dem Kind bei der Wahl der Spielkameraden helfen, indem du ihm das Werfen einer Münze anbietest und somit die Qual der Wahl von ihm löst. Oder du kannst den Schüler die Aufgabe von seinem Platz aus lösen lassen. Noch eine größere Hilfe wäre es, ihm zu erklären, dass das Sprechen vor Menschen gelernt werden kann und die Klasse für ihn einen sicheren Rahmen zum Üben bietet. Wichtig ist es also, den anderen ernst zu nehmen und ihn in/mit seinem Konflikt wertzuschätzen. Manchmal wirkt allein das schon Wunder.

Zum Nachlesen: Immelmann, Klaus (1983), Einführung in die Verhaltensforschung, Berlin: Blackwell Wissenschafts-Verlag.

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